Freitag, 3. Februar 2017

Into the Wild



Auf der anderen Seite des Sees liegt Kanada. Wir sind mittlerweile weit oben im Norden angekommen, und mit Stolz zeigt John Fredrikson auf das Stück Land am anderen Ende der weißen Fläche. „Jetzt, wo der Gunflint Lake zugefroren ist, kann man rein theoretisch bis Kanada rüberlaufen“, sagt John, der gemeinsam mit seiner Frau seit vergangenem Sommer die Gunflint Lodge am Ufer des Sees betreibt. „Hier haben wir glücklicherweise noch keine Mauer.“ John lacht.

Es ist der erste Winter, den das junge Ehepaar das große Anwesen betriebt. Insgesamt 218 Menschen können in den Häusern mitten in der Wildnis schlafen, am Tag warten Skilanglauf, Schneemobil-Touren, Schlittenfahrten und Wanderungen. Handyempfang hingegen ist nicht, WLAN steht nur in bestimmten Gebieten zur Verfügung. „Die Menschen kommen genau deswegen: Sie wollen Entschleunigung", weiß John.


Über eine Million Hektar purer Wildnis gibt es hier oben an der amerikanisch-kanadischen Grenze. Keine öffentlichen Straßen, kein Flugzeuglärm. Das nächste Krankenhaus ist 67 Kilometer entfernt, und wenn ein Baum auf die Straße stürzt, so darf er nicht mit Motorsäge und Maschine, sondern nur händisch entfernt werden.

Auf dem gefrorenen See rasen fünf junge Männer auf ihren Schneemobilen vorbei. Auch eine Art der Entschleunigung, erklärt Kjersti. „Das ist für uns ein perfekter Tag im Schnee, wir machen etwas, das uns Spaß macht, und wärmen uns danach mit heißer Schokolade am Kamin auf.“

Kjersti, die für John das Marketing macht, zeigt uns, wie wir ein Schneemobil fahren. Rechts Gas, links Bremse, „it’s easy!“. Ich bin mutig und versuche mich nicht nur als Beifahrerin, sondern Kurve auch allein über die dicke Schneedecke. Ich weiß jetzt, was Kjersti meint, genieße den Moment und vergesse für einige Minuten mal meine aktuell allergrößte Sorge: meinen noch immer fehlenden Koffer.

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